Erst Mal dies: das folgende ist kein politischer Kommentar, sondern einer mit Blick auf Führungspositionen und die mit ihnen einhergehenden Verantwortung.
Im Januar wurde ein Gerichtsurteil bekannt, das festhielt, dass in einem Fake-Video, das Nationalrat Matthias Glarner im Oktober 2023 online gestellt hatte, die Persönlichkeitsrechte von Nationalrätin Sibel Arslan verletzt wurden. Glarner musste schlussendlich insgesamt über dreitausendachthundert Franken berappen. Er verzichtete darauf, sich gegen das Urteil zu wehren.
Nicht etwa, weil ihm das Ganze leidtat, wenn man das an seinen Kommentaren messen will.
Empathie? Fehlanzeige. Dazu gehört mehr als „ein gewisses Verständnis“ dafür, dass sich Frau Arslan in ihrer Persönlichkeit verletzt fühlte. Insbesondere, wenn dieses Verständnis in der Rubrik „ausserdem“ geäussert wird neben dem Hauptgrund, dass eine Einsprache wohl zu lange gedauert hätte, um das Video rechtzeitig vor den Wahlen wieder aufzuschalten.
Das also hätte er am liebsten getan, obwohl ein Zivilgericht zum Schluss gekommen war, das sei persönlichkeitsverletzend. Einsicht? Bedauern? Komplette Fehlanzeige.
Aber da geht noch mehr: Auf Nachfrage von Tamedia in Bezug auf sein Stillschweigen liess Glarner verlauten: „Das war mir der Spass wert.“
Können Sie sich erinnern? Vielleicht auch nicht, denn diese Bemerkung ging ziemlich unbeachtet durch die Medien, so dass ich mich gefragt habe, ob wir sowas tatsächlich schon als normal betrachten. Die Empörung blieb dermassen aus, dass ich dachte, ich muss das jetzt noch nachholen.
Das war ihm also den Spass wert. Was „das“ genau, bitte? Persönlichkeitsrechte zu verletzen? Eine Politikerkollegin in öffentliche Bedrängnis zu bringen? Mit gefälschten Informationen Wahlkampf zu betreiben?
Führungspersonen werden genau beobachtet und sind, ob sie es wollen oder nicht, Vorbilder, das dürfte ja klar sein. Also auch Herr Glarner als hoher Politiker. Und was ist denn jetzt die Message? „Verletze Normen und brich auch mal Gesetze, wenn es genug Spass macht“? Zahlst du halt die Busse.
Ja, warum auch nicht? Verwöhnte Söhne reicher Eltern, die mit dem Maserati wegen Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten werden, wedeln ja manchmal auch einfach mit den Hunderternoten und fragen, ob sie die Busse gleich zahlen könnten, weil sie haben es eilig, weil die Party in Hurden beginnt bald...
Den eigenen Spass vor Gesetzestreue setzen: Kommt einem leider allzu bekannt vor. Das hier ist zwar nur eine Spielzeugversion im Vergleich mit dem orangen Präsidentschaftskandidaten, reicht aber auch schon, um erheblichen Schaden anzurichten.
Politische Ansichten dahingestellt, aber eins ist klar: aus Leadership-Perspektive hochkant durchgefallen. Unterirdisch.
Wenn Integrität zum Alleinstellungsmerkmal wird, sind wir wirklich auf einem schlechten Pfad, und das finde ich ganz ehrlich nicht immer einfach auszuhalten. Umso wichtiger, die Fahne hochzuhalten.
Also lassen Sie uns in andere Richtungen schauen, in solche mit besserem Ausblick. Und lassen Sie sich nicht anstecken von schlechtem Stil.
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