Unter den Dingen, die sich im Topmanagement offenbar prächtig verkaufen, finden sich Angebotskategorien, die einem schon zu denken geben können:
Da ist zum einen die Abteilung Mistery: Anbieter, die für sich in Anspruch nehmen, nichts weniger als den heiligen Gral gefunden zu haben, aber uneigennützig bereit sind, ihn zu teilen – nun ja, gegen viel Geld. Das klingt dann in einem Werbetext für ein Seminar, in dem es um den Traum vom Aufstieg ganz an die Wirtschaftsspitze geht, zum Beispiel so:
„Wer sich eine Community aufbaut, gewinnt Einfluss und Reputation und entscheidende geschäftliche Vorteile: Empfehlungen für interessante und lohnende Aufträge, neue Kunden, Job-Angebote, frühzeitige Insider-Informationen (sic!), attraktive Einladungen und vertriebliche Erfolge. Wie dies geht, erfahren Sie von unseren Referenten, welche die geheimen Codes erstmals vollständig decodiert haben.“
Nicht schlecht, oder? Vor allem das mit den frühzeitigen Insider-Informationen.
Also erst mal: sind da nicht Teile davon ein ganz klein wenig illegal? Und das mit diesen „geheimen Codes“? Klingt wie ein Dan Brown Roman... ...“die Illuminati der Businesswelt“ oder so. Wohlgemerkt: diese Referenten verrechnen angeblich in der eigenen Praxis mehrere tausend Euro pro Stunde für ihr exklusives Wissen. Obigen Text haben sie dann mal vom Netz genommen, aber irgendwann haben sie das ja ernst gemeint.
Auch sehr beliebt in der Business-Unterhaltungsbranche: Bezahltes Abkanzeln-lassen. Durchgeführt bevorzugt von bekannten Buchautoren, in verschiedenen Versionen. Zum Beispiel auf die Bühne marschieren und dem Publikum gleich erklären, dass es, weil es sich ja nicht auf die Inhalte einlassen wird, auch nichts lernen wird. Oder den versammelten Führungskräften in durchaus derber Sprache den Kopf waschen ob des Unsinns, den sie täglich praktizieren. Quasi die Businessvariante des Domina-Besuchs.
Wieso sind diese Angebote offenbar so attraktiv? Denn sie werden sehr erfolgreich und sehr teuer verkauft. Das kann doch eigentlich nur funktionieren, so lange es als Manager kulturell irgendwie cool ist, sich zu quälen. Ein übervoller Arbeitstag, am Wochenende ein Marathon, und dann sich von einem Referenten so richtig hart angehen lassen. Ernsthaft? Und fange ich jetzt auch noch an mit der Schelte?
Aufrütteln ist ja durchaus in Ordnung, und ja, manche alte Sitten aus der Führungskultur sind heute wirklich dysfunktional, aber deshalb muss man ja nicht gleich abwertend werden und Manager als Idioten darstellen. Und die Mystery-Abteilung gehört sowieso ersatzlos geschlossen. Die ermutigt bloss, aussichtslosen Illusionen nachzurennen und verzögert die Akzeptanz für die Tatsache, dass es für komplexe Fragen nun mal keine eindeutigen Antworten gibt. Schon gar keine, die schnell, mühelos und auch noch nachteilsfrei sind. Das klingt ja eh schon im Ansatz nicht plausibel, oder?
Also: weg mit Mistery und Masochismus, dann ist der Weg frei für vernünftige Diskussionen, angemessene Demut und für die aufrichtige gemeinsame Suche nach Lösungen in der Annahme gegenseitiger Kompetenz und guten Willens.
Funktioniert auch viel besser als Wundermittel und Peitschen. Wirklich. Testen Sie’s.
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