Ich habe mich an dieser Stelle auch schon darüber ausgelassen, dass der Begriff des Change-Projektes Quatsch ist. Oder haben Sie schon mal ein Projekt erlebt, dessen Ziel es war, nichts zu verändern? Eben. Change ist ganz einfach ein Grundaspekt jedes Projektes. Genauso gut könnten Sie sagen „ich mache eine Fortbewegungswanderung“. Informativer Mehrwehrt: null.
Es geht nie um Veränderung um ihrer selbst willen. Es geht darum, etwas zu bewirken, Ziele zu erreichen, und um das zu tun, muss man halt in der Regel einiges verändern. Change ganz einfach eine notwendige Zutat dafür, fast schon banal: wenn ich Organisationsentwicklung betreiben will, werden sich Dinge ändern müssen. Wenn sich nichts ändert, bleibt die Organisation wie sie ist (aus: „Grundlagen der Logik“).
Das ändert nichts daran, dass Veränderung viel Aufmerksamkeit erfordert und praktisch immer unterschätzt wird. Letztlich ist sie aber immer den zu erreichenden Zielen untergeordnet.
Dieser Unterschied ist bedeutsam: er verortet nämlich Change als Mittel, und nicht als Zweck. Es lohnt sich, Mittel und Zweck sauber auseinanderzuhalten beziehungsweise die Dinge den richtigen Kategorien zuzuordnen. Wenn Veränderung zum Zweck gemacht wird oder als solcher wahrgenommen wird, müssen Sie oft nicht lange warten auf die sarkastischen Bemerkungen seitens der Betroffenen „Hauptsache Staub aufgewirbelt“, „Management by Helikopter“ und solches mehr.
Veränderung ist kein Zweck; Veränderung ist ein Mittel. Profit ist kein Zweck; Profit ist ein Mittel, um ein Unternehmen langfristig lebensfähig zu halten. Die Unternehmen, bei denen das Management den Profit zum Zweck gemacht hat, sind eher die Lieferanten von Skandalgeschichten als von leuchtenden Beispielen.
Mittel und Zweck gut zu unterscheiden lohnt sich in der Sache, aber auch in der Kommunikation. Denn Mitarbeitende hören sehr genau hin, wenn Führungskräfte sprechen, und das beginnt bei der Themenwahl. Wenn Sie dauernd nur vom Geld reden, werden die Leute denken, es geht eigentlich ums Geld. Wenn Sie dauernd von Veränderung reden, werden die Leute denken, es geht vor allem darum, Dinge über den Haufen zu werfen. Die Wirkung von Leadership ist untrennbar verknüpft mit Kommunikation.
Wenn eine Belegschaft der Führung misstraut, hat das oft damit zu tun, dass sie den Führungskräften unterstellen, das Mittel als Zweck zu betrachten, und das klingt dann oft zynisch: „wir versuchen hier etwas Gutes und Nützliches zu tun, aber die dort schielen nur aufs Geld und veranstalten Change-Turnübungen, um die eigene Relevanz zu belegen.“ Tut manchmal schon weh, so was zu hören.
Nach meiner Erfahrung ist das nämlich sehr selten wirklich der Fall. Im Gegenteil, in den meisten Fällen machen sich Führungskräfte eine Menge Gedanken darüber, wie sie ihren Job gut und sinnvoll tun können und machen es sich dabei alles andere als leicht. Für diese Führungskräfte möchte ich leidenschaftlich eine Lanze brechen.
Umso tragischer, wenn sie kommunikativ die falschen Spuren legen und vergessen, über die Dinge zu reden, die eigentlich wichtig sind, aber oft hinter den operativen und betriebswirtschaftlichen Erfordernissen in der zweiten Reihe sitzen und versuchen, irgendwie doch noch aufs Foto zu kommen.
Meine Empfehlung: denken Sie gut über das „eigentlich“ nach, werden Sie sich darüber klar, worum es in diesem „eigentlich“ geht, und sprechen Sie öffentlich darüber. Was ist Mittel, und was ist Zweck? Was soll besser werden? Wie ist das, was entstehen soll, gut, nützlich, sinnvoll, verantwortungsbewusst? Da landen Sie ganz schnell bei Sinnhaftigkeit und bei Werten.
Und ja, schauen Sie unbedingt, dass die mit aufs Foto kommen. Am besten in der ersten Reihe.
Artikel als podcast: Apple Podcasts Google Podcasts Spotify Anchor